Auf zu neuen Ufern.

Mit dem Sprung in die Selbstständigkeit beginnt für mich ein freudiges Experiment. Freiheit vs. Sicherheit. Ein Sprung ins kalte Wasser. 

Meine Gedanken teile ich im Rahmen meines monatlichen Blogs. 

 

 

 

 

 

Reflexion.

Die letzten Monate waren bei mir geprägt von einer Phase der Reflexion. Insbesondere die heutige Arbeitskultur und das bewusste Entscheiden für das Unternehmertum ist mir immer wieder in den Sinn gekommen. Für mich konnte ich hier acht Punkte identifizieren, die ich immer wieder festgestellt habe.

1. Arbeitsmodelle wie Homeoffice und flexibles Arbeiten dürfen keine "Benefits" mehr sein, sondern Standard. 

2. Neue Laptops, Smartphones oder große Monitore sind im Vergleich zu den Tagessätzen, die große Unternehmen mit dir als Mitarbeiter:in abrechnen, ein zu vernachlässigender geringer Anteil. Hier erübrigt sich jede Diskussion über Kosten.

3. Mit Floskeln wie "Täglich frisches Obst, wiederkehrende Backsessions oder Gratis-Kaffee" gewinnt man heute keine fähigen Mitarbeiter:innen mehr. Viel wichtiger wäre zu signalisieren, dass das Unternehmen die eigene Komfortzone verlässt und "wirklich" andere Wege geht.

4. Das immer noch altertümliche Denken (Zugehörigkeit der Organisation, akademischer Hintergrund etc.) bei der Bezahlung von Kollegen:innen vorherrscht, ist nicht mehr zeitgemäß. Faire und transparente Bezahlung bindet Mitarbeiter:innen und keine Unternehmensfloskeln in Hochglanzbroschüren.

5. Eine Unternehmenskultur, die von Geheimniskrämerei und Wissensvorsprüngen geprägt ist, ist Gift für Kreativität und Weiterentwicklung der Mitarbeiter:innen. Dieses Verhalten gehört einfach abgestellt.

6. Meine besten Mitarbeiter:innen hatten allesamt kein Studium, sondern praktische Erfahrung. Das Dogma, das studierte oder sogar promovierte Mitarbeiter:innen kategorisch besser sein sollen, ist längst überholt. Das gleiche gilt im Übrigen auch für Zertifizierungen und Fortbildungen, die mitunter mehr Stellenwert einnehmen als die Fähigkeiten der Person selbst. Lasst das bitte und glaubt nicht, dass eine PRINCE2 - Zertifizierung automatisch einen guten Projektleiter hervorbringt!

7. Biete deinen Mitarbeiter:innen Entwicklungsmöglichkeiten und halte dein Wort. Glaub als Führungskraft oder Arbeitgeber bloß nicht, dass du heutzutage mit "Geschwurbel" und "Bullshitbingo" überzeugst und sich keiner mehr an deine Worte erinnert. 

8. Stellt unbequeme Führungskräfte ein und nicht solche, die vorhandenes mantramäßig gegenüber dem Management auf Linked-ID oder XING vertreten, sich aber intern regelmäßig beschweren.

 

 

 

 

 

Aufbruch.

Der erste Monat Selbstständigkeit. Ein Monat freie Wildbahn, der erste Monat im Aufbau. Was habe ich gelernt? Welche Erfahrungen habe ich gemacht? Kurz vorweg - ich hab bis dato noch nicht eine Sekunde bereut. Ich konnte wieder einige Punkte für mich selbst erkennen und möchte diese mit euch teilen.

1. Friends will (not) be friends. Nein, ich meine hiermit nicht den Titel von Queen, sondern vor allem das eigene Überwinden den alten Bekannten, Weggefährten, Kollegen:innen von seinem "Unternehmertum" zu berichten. Interesse an mir oder an einer Person an sich kann nur dann wahrhaftig sein, wenn Sie unabhängig von Organisationszugehörigkeit besteht und darüber hinaus existent bleibt! Wer sich selbstständig macht, erkennt auch, wer Interessen menschlich oder nur kaufmännisch meint. 

2. Erkenne deinen eigenen Wert. Leistungsportfolio, Tageshonorar, Freelancer oder doch Kleingewerbe? Fragen über Fragen. Für mich essentiell ist viel mehr die Frage gewesen - was ist mein eigener Wert? Beziffert sich der Wert wirklich nur in EURO? Weit gefehlt. Wert heißt für mich auch, antizipieren zu können, ob das bewusste "Nein sagen" zu Projekten gerade die Freiräume schafft, um eigene Formate aufzubauen. Genau das habe ich im Januar verstärkt getan und arbeite gerade daran meinen Wert als "Marke" zu finden.

3. Administration. Unternehmen und Selbstständige waren für mich immer hektische Personen, die über Spesen, das Finanzamt und die nervige Buchhaltung geklagt haben. Weit gefehlt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Unternehmensprozesse als Selbstständiger noch nie so einfach zu gestalten sind wie in dieser Zeit. Technologie hilft dabei. Es gibt Apps für Projektzeiten, für die automatisierte Abrechnung von Spesen- und Entfernungspauschalen, für die digitale Buchhaltung sowie das eigene Marketing. Ich vermisse auf jeden Fall nicht die Zeit, in der ich Belege noch per Post an meine Reisestelle schicken musste oder ich von meinem Führungskräften zu wöchentlichen Zahlenforecast aus der Glaskugel gezwungen wurde. 

4. Erst die Struktur, dann der Inhalt. Wow, es bahnt sich ein Großauftrag an! Freude, Panik, Ratlosigkeit?! Weit gefehlt. Mein ehemaliger Mentor hat mir den Satz eingetrichtert "Erst die Struktur, dann den Inhalt". Genau das ist meine Maxime geblieben. Zuerst überlege ich mir grobe, modulartige Bulletpoints und investiere dann im Nachgang Recherche, Zeit und Schreibarbeit in die Ausformlierung. Ganz egal, ob Konzept, Agenda, Präsentation oder Videoformat. Auch wenn es z.T. lästig wirkt, aber zwingt euch dazu! 

5. Lieber keine Hilfe als externe Hilfe. Ich arbeite mit vielen Stakeholdern zusammen, die Ihr Leben lang in der gleichen Organisation verbracht haben. Das sich "beschwert" oder zumindest "gejammert" wird, gehört fast schon zum guten Ton. Die Hilfe von außen wirkt bei vielen immer noch als Eingeständis des eigenen Handlungsversagens angesehen. Ich kann diese Einstellung nachvollziehen, mir ging es in meiner Zeit als Angestellter z.T. auch so. Dabei bin ich ehrlich - ich möchte vielen Organisationen gar nicht direkt helfen, ich möchte Ihnen helfen, damit Sie sich selbst helfen! Zum Beispiel durch die Befähigung eigene Entscheidungen besser zu treffen, vielleicht auch mal gegen große Beratungshäuser, sondern eher für regionale Anbieter und Rechenzentren, die einen wirklichen Mehrwert für die örtliche Gemeinschaft darstellen.

6. (Kein) Schlechtes Gewissen. Habe ich 70-80h von morgens bis abends gearbeitet? Nö. Habe ich es bereut? Nö. Ich arbeite dann, wann ich es für richtig halte. Im Einklang mit Sport, Freizeit und Familie. Ich fühle mich ausgeglichener, gelassener und produziere mehr Qualität als Quantität. Das war früher umgekehrt. 

7. Mach doch was du willst. In meinem ersten Monat habe ich ein Podcastformat erstellt, ein Lernkonzept entwickelt, produziere Videos zum Thema Digitalisierung, meine Social Media Präsenz in einen Rhyhtmus gebraucht, knüpfe Kontakte und suche nach weiteren Geschäftsfeldern. Was mir aufgefallen ist? Es gibt immer bessere, größere Haifische da draußen, die alles professioneller, schicker, schöner, schneller können. Lasst euch davon nicht entmutigen. Das ich mich in den nächsten Monate mehr fokussieren werde, wird eine logische Konsequenz sein. Aber - kein Guidance, keine Vision, kein Leitbild, keine CI und auch keine "Managementrunden" können mir meine Ideen madig machen. Allein das, war es schon "Wert" den Fuß in freie Wildbahn zu setzen.

 

 

 

 

 

Werte.

Das Quartal ist vorbei, drei Monate auf eigenen Füßen stehen hat sich noch nie so gut angefühlt. Trotz aller Widrigkeiten, weltpolitischer Negativschlagzeilen und damit verbundener Existenzangst vieler Menschen, möchte ich keinen Tag in gewollter "Unsicherheit" missen. 

In einem Bericht las ich, dass das jetzige Jahrzehnt das letzte Jahrzehnt der Angestellten sein wird. Viele Menschen werden ihren wahren "Wert" erkennen und diesen nicht mehr als Kapital großen Unternehmen zur Verfügung stellen. Diese Erkenntnis hat mich zum aktuellen Blogartikel zum Thema "Werte" inspiriert. 

 

1. "Wir pflegen einen respektvollen Umgang miteinander". 

Diese Floskel lese ich sehr häufig in Unternehmensbroschüren. Verstehe ich bis heute nicht. Ein respektvoller Umgang miteinander ist kein Wert, sondern ein Selbstverständnis. Das ist ein bisschen wie zu sagen: "Wir stehen alle morgens auf oder atmen alle die gleiche Luft ein." 

2. "Wir stehen für Nachhaltigkeit". 

Wie häufig habe ich diesen Satz gelesen und trotzdem wurde im Fuhrparkmanagement der Umstieg auf Elektromobilität konsequent verschlafen. Ausnahmen? Fehlanzeige! Das würde ja Neid unter den Kollegen:innen schüren. So ein Schwachsinn, es geht doch nicht um Neid, es geht um Fortschritt und Klimaschutz. Neidisch wird der/die Mitarbeiter:in erst dann, wenn bemerkt wird, dass das konkurrierende Unternehmen seit Jahren bereits auf E-Mobilität setzt.

3. "Wir haben einen moralischen Kompass". 

Zur Hölle was ist ein moralischer Kompass? Ist ein gewinnorientiertes Unternehmen überhaupt in der Lage das Wort "Moral" zu definieren oder müsste es nicht konsequent alle Gewinne "spenden", um Moral zu haben? Hat das Unternehmen Ritter Sport ein moralischen Kompass, wenn intern alle Mitarbeiter:innen moralisch zueinander stehen, aber die Produkte weiterhin nach Russland verkauft werden? Moral fängt immer beim Charakter des Menschen an. Moral geht vom CEO bis zum Hausmeister und wird insbesondere durch ein "moralisches" Personalmanagement getrieben und weniger durch die Verschriftlichung von Banalitäten. 

4. "Wir haben ein starkes Kostenbewusstsein". 

Klingt doch positiv, oder? Heißt Kostenbewusstsein aber nicht auch, dass Lieferketten konsequent outgesourced werden und Produktionsstandorte ins Ausland verlegt werden? Im Beratungsumfeld heißt das mitunter auch, Aufträge nicht mit internen Mitarbeiter:innen, sondern mit "Subunternehmen" zu bedienen, um ansprechende Margen zu erwirtschaften. Moralisch wäre es angebracht den Mitarbeiter:innen offen zu sagen: "Ich bin zu Gewinn verpflichtet und kann dich leider nicht in dem Projekt einsetzen, da dein interner Verrechnungssatz zu teuer ist. Trotzdem finde ich eine andere Lösung für dich." Tut euer Arbeitgeber das?

5. "Wir überzeugen mit Qualität." 

Macht durchaus Sinn für das Produktionsgewerbe, Automobilindustrie, da Qualität hier direkt messbar ist. Bei der Vermittlung von Wissensträgern wird es da schon einmal schwierig. Hier prallen interne Verrechnungssätze auf ausgehandelte Tagessätze. Nicht unüblich also, dass in Großprojekten Berater kommen und gehen, da lukrativere Margen in anderen Projekten locken. Frei nach dem Motto "Growth!". Mitunter sprechen manche Unternehmen hier von "Bodyleasing". Ich finde diesen Begriff auf so vielen Ebenen unpassend, dass ich mich fast schäme diesen hier auszuschreiben. Wir arbeiten hier mit Menschen und Menschen kann man nicht "leasen" oder "vermieten". Wer wirklich mit Qualität überzeugen will, lässt eine/n Berater:in daher auch gerne mal länger in nicht so ganz lukrativen Projekten agieren!

Mein Tipp - Lasst die Werte nicht in einem Luxustagungshotel von Top Managern entwickeln, sondern von den "normalen" Mitarbeiter:innen, von den Hausmeistern, von den Reinigungskräften, von den Sachbearbeiter:innen usw. Nur Sie wissen überhaupt, was wirkliche Werte sind. 

 

 

Weiter.

Wieder ein Monat rum, wieder ein Monat neuer Erkenntnisse, neuer Eindrücke, neuer und alter Weggefährten. Ich erhalte - unerwartet - viel Aufmerksamkeit für meine Gedanken, meinen Blog und meinen Weg. Das stärkt mich, das berührt mich und macht mich dankbar. Es geht weiter, immer weiter. 

Heute teile ich meine Eindrücke des letzten Monats mit euch, der vor allem durch viele berufliche Termine und Reisen geprägt war. 

 

1. Ein Wimpernschlag

Als Angestellter habe ich mich in einem Hamsterrad der Geschwindigkeiten befunden. Neue Lehrgänge, neue Methodiken, neue Kunden, neue Dienstleistungen, neue Projekte. Der Drang alles - auch unnötige - umgehend in sich hinein zu saugen und mantramäßig in die eigene Organisation zu tragen, war tagesfüllend. Es gibt manche Tage, da führe ich kein einziges Gespräch und wundere mich doch, dass ich in vielen Gesprächen mit Weggefährten besser informiert erscheine, als viele aus dem "Tagesgeschäft". Die Angst etwas zu verpassen ist bei so vielen Menschen so groß, doch zoomt man etwas heraus, erkennt man, dass alles meistens nur ein Wimpernschlag war und nichts großes verpasst worden ist.

2. Die Authentizität

Bei manchen Terminen war ich mir unsicher, wie alte Weggefährten oder neue Mitstreiter auf meine Ideen reagieren werden. Ich kann euch versichern, dass der Inhalt eines Termins manchmal gar nicht so wichtig ist. Natürlich war ich vorbereitet, natürlich habe ich mir die Personen bzw. die Unternehmen angeschaut. Doch vielfach war das Unerwartete eher das was im Gedächtnis geblieben ist und nicht das Erwartete. Authentizität ist und bleibt ein Faktor des Erfolges. Ich habe mich nie verstellt und immer klar meine Meinung gesagt. Solange ich dadurch mehr Türen öffne als Zuschlage behalte ich mein Auftreten bei. Also lasst eurer inneren Stimme mehr Freiraum als dem Lärm anderer Meinungen.

 

3. Der Tellerrand

Sich selbst in eine Schublade (Branche, Hintergrund, Fachliche Eignung etc.) zu pressen ist ein einfaches Mittel, um nicht über den sprichwörtlichen Tellerrand zu schauen. Ich habe diesen Monat mit Menschen aus völlig unterschiedlichen Branchen gesprochen (Artisten, Social Media Berater, Medien und Pädagogen). Wisst ihr was mir aufgefallen ist? Alle haben irgendwie die gleichen Herausforderungen, Wünsche und alltäglichen Probleme. Der Zugang zueinander ist das, was uns verbindet und nicht das Alumni-Netzwerk einer gemeinsamen Universität. Durch meine Intensivierung meiner Personalberatungstätigkeit wird mir immer bewusster, dass unsere Gesellschaft viel mehr "Tellerrand" als Geradlinigkeit braucht. Ich kann mich nur wiederholen. Meine besten Mitarbeiter:innen hatten allesamt kein Studium, keine Promotion und waren nicht einmal IT-Experten. 

 

4. Der Fokus

Ja, ich bin ein großer Fan von Dwayne "The Rock" Johnson und seines legendärem Auspruch "FOCUS". Ich bewundere seinen Werdegang und seine Fähigkeit sich körperlich und mental immer wieder zu überwinden. Er sprach letztens davon, dass er trotz seiner unzähligen Verpflichtungen eines Schauspielers, Unternehmers, XFL Besitzer und Wrestling-Experte jeden Tag Zeit für sein Training findet. Das ist bei mir ähnlich. Ich mache jeden Tag Sport und schirme mich hier kategorisch von allen äußeren Einflüssen ab. Der Mensch ist für eine Dauerbelastung an Input ohne Ausgleich nicht geschaffen. Diese angebliche "tote" Zeit ist für mich kein Verlust von Leads, Projekten oder Faktura, sondern ein Gewinn an Lebensqualität, Ausgleich und Rekalibrierung von Gedanken und Körper. 

 

5. Die Hartknäckigkeit 

Ich wurde ignoriert, belächelt oder bekämpft. Zuletzt durch eine staatliche Institution beim Aufbau meines Unternehmens. Was ich denn damit bezwecken würde? Warum ich denn nicht lieber Angestellt sein möchte? Ob ich schon ein Excelkurs gemacht hätte? Ob ich die Unterlagen auch ausdrucken könnte. Wisst ihr was? Am Arsch. Alle Fragen habe ich freundlich, aber bestimmt mit "Nein" beantwortet und meinen Standpunkt meines Unternehmens, meine Fähigkeiten und meine Vision vertreteten. Und wisst ihr was? Mit Erfolg. Die Hartknäckigkeit hat sich ausgezahlt. Wie habe ich das gemacht?  Die Zeit leerer Worthülsen bleibt - zumindest bei mir - nicht mehr folgenlos. Viel zu lange wird und wurde meine Generation mit leeren Versprechungen abgespeist. Also habe ich den Spieß einfach umgedreht und den Spiegel gesellschaftspolitischer Versprechungen (Förderung von Jungunternehmern, Start Ups, Innovationskultur etc.) vorgehalten. Kann ich nur empfehlen ... 

 

Mein abschließender Tipp. Macht einfach weiter, lasst euch nicht aufhalten. Nicht von Behörden, nicht von Neidern, nicht von Technologie, nicht von der eigenen Angst, ja nicht einmal vom Wetter - von gar nichts. Behaltet dabei aber immer den Kopf oben und reflektiert euer eigenes Tun. Genau so, mache ich das auch.